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Tour de France im Park

Aktualisiert: vor 4 Tagen

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Dienstag im Park. Ich hab einfach den Nachmittag für Urlaub erklärt. Punkt.

Kein Ziel, kein Schrittzähler, kein Grund – einfach raus.

Die Sonne hängt tief, golden und gut gelaunt, und das Laub klingt beim Drauftreten wie ein Applaus für alle, die’s an einem Werktag überhaupt nach draußen schaffen.


Ich schlendere also dahin, denke an nichts und ein bisschen an alles, als ich sie sehe – Vater, Tochter, Fahrrad.

Er schiebt, sie tritt, und dazwischen: ein Hund.

Ein wuscheliger, übermotivierter Vierbeiner, der offensichtlich beschlossen hat, dass er Teil des Trainings ist.


Der Vater versucht, alles gleichzeitig zu koordinieren – mit der einen Hand den Sattel festhalten, mit der anderen die Leine, und zwischendurch mit beruhigender Stimme sagen:

„Nicht bremsen, einfach treten, ja genau so – nein, nicht in den Busch!“


Ich kann nicht anders, ich muss lachen. Es sieht aus wie ein kleiner Wanderzirkus mit klar verteilten Rollen:

Sie – die wackelnde Hauptattraktion.

Er – der überforderte Trainer.

Der Hund – das Chaos auf vier Pfoten.


Er bemerkt mich, grinst kurz und ruft:

„Na, Sie haben gut lachen da hinten als Zuschauer Ich: „Stimmt wohl, aber vielleicht könnte ich helfen?“ Er: „Sind Sie Fahrradtrainer?“
Ich: „Nein, aber ein ganz passabler Hundedompteur. Hatte selbst mal einen und zeitweise noch einen zur Gastpflege für 3 Wochen. Also, wenn Sie wollen, ich kann kurz übernehmen – während Sie Ihre Tochter auf die Tour de France vorbereiten.“

Er lacht erleichtert, reicht mir die Leine und sagt:

„Deal. Wenn das heute klappt, steht sie morgen auf dem Siegerpodest.“


Also steh ich da – Dienstagnachmittag, mitten im Park, mit einer Leine in der Hand und einem Hund, der mich ansieht, als hätte ich gerade die Prüfung zum stellvertretenden Rudelführer bestanden.


Die Tochter strahlt, als sie Fahrt aufnimmt, und der Vater läuft nebenher, ruft Anweisungen, lobt, jubelt – und tatsächlich: Sie fährt. Wackelig, aber frei.


Der Hund und ich sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Wir sehen zu, wie sie im Slalom um die Kastanienblätter kurvt, und ich schwöre, er schaut genauso stolz wie der Vater.


Nach ein paar Minuten kommt er wieder zurück, ein bisschen außer Atem, aber mit einem Lächeln, das man so nur an Tagen trägt, an denen etwas zum ersten Mal gelingt.

„Hat sie gut gemacht, oder?“

„Und wie“, sag ich, „ich würd sagen, mindestens Etappensieg.“


Er lacht. Wir verabschieden uns, und ich geb den Hund zurück.

Ich geh weiter, hör noch, wie die Kleine ruft:

„Papa, ich kann allein!“

Ich sag, wie’s ist:

Es war nur ein Dienstag. Aber einer von denen, die einem ein bisschen das Herz aufmachen – und die Leine zum Glück auch wieder loslassen.

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