20 Minuten Nickerchen & Susi
- Christoph

- 12. Nov.
- 2 Min. Lesezeit

Nach fünf Stunden Fahrt, irgendwo zwischen „Ich schaff das“ und „Mein Rückgrat meldet sich beim Beschwerdemanagement“, brauchte ich eine Pause.
Und zwar sofort.
Dieser kleine Autobahnparkplatz, mitten in einer Waldstrecke, wirkte wie ein Ort, den man nur zufällig findet.
Zwei Mistkübel, ein Schild, das sich schon halb aufgegeben hatte, und sonst nichts.
Keine Raststation, kein Kaffee, kein Mensch, der einem einen Apfel verkaufen will.
Nur Bäume und Wind.
Also: Auto aus.
Sitz zurück.
Augen zu.
20 Minuten Nickerchen.
Ein Friedensvertrag zwischen mir und der Realität.
Friedlich wirken, als wäre ich schon woanders.
Kurz darauf schwebte ich in diesen seltsamen Halbschlaf, wo alles weich wird und Gedanken sich benehmen wie Nudeln, die zu lange im Wasser waren.
Und dann:
KLACK KLACK KLACK.
Ich zucke hoch wie ein Toaster im Kampfmodus.
Vor meiner Scheibe steht eine Brummifahrerin.
Kurze Haare, breites Grinsen.
Sie klopft nochmal, vorsichtshalber.
Ich lasse das Fenster runter und sie sagt:
„Lebst du noch? Sah aus, als wärst du grad aus der Umlaufbahn gefallen."
Ich musste lachen.
„Wollte nur kurz dösen…“
Sie nickt.
„Hab ich gemerkt. Du hast so friedlich gewirkt, als wärst du schon woanders.“
Dann hält sie mir ihre Thermoskanne hin.
„Kaffee? Ist stark. Also wirklich stark. Ich nenn ihn ‚Notfallsystem‘.“
Ich nehme dankbar einen Schluck.
Schmeckt nach Filterkaffee und Überlebenstrieb.
Dann fragt sie: "Du fährst aber ein teures Teil, was kostet sowas?"
Ich antworte: "Keine Ahnung gehört nicht mir, mir sind Autos sowas von..sehe ich so aus als würde ich mich über Autos definieren?, oje" und lache
Sie lacht:"Meiner gehört mir, mir ganz alleine."
Sie zeigt dann auf ihren LKW, der ein paar Meter weiter parkt.
„Magst mal schauen?“
Wir gehen hinüber, und sie zeigt mir ihre Fahrerkabine so stolz, als wäre es ein Tiny House Deluxe. Ein kleiner Kühlschrank, ein Bett, ein paar Fotos an der Wand, und ein Plüschfrosch, der am Fenster hängt wie ein Maskottchen mit Burnout.
„Ich bin Susi“, sagt sie. „Oder besser gesagt: Das ist Susi.“
Sie zeigt auf den Kühlergrill.
Da steht tatsächlich groß SUSI.
Ich frage:
„Du… oder der Brummi?“ Sie grinst. „Beide.“
Wir reden ein paar Minuten.
Ich erzähle, wo ich hin will.
Sie erzählt, wo sie schon war.
Und dass sie hier klopfen musste, weil man auf so einsamen Parkplätzen aufeinander aufpasst.
Dann wünscht sie mir eine gute Fahrt, klopft zweimal ans Autodach wie ein Mechaniker mit Herz und sagt: „Nickerchen war gut. Aber jetzt fahr lieber weiter, bevor du Wurzeln schlägst.“
Ich starte den Motor.
Im Rückspiegel sehe ich sie wieder hochklettern in ihre Kabine, Thermoskanne in der Hand, bereit für tausend weitere Kilometer.
Und ich sag wie’s ist:
Manchmal wacht man an den seltsamsten Orten auf… und merkt, dass Fremde manchmal wachsamer sind als das eigene Navi. Und ein bisschen freundlicher auch.



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