Der kleine AirPod-Zauber
- Christoph

- 18. Nov.
- 2 Min. Lesezeit

Es gibt Tage, da stolpert man unerwartet in eine Mini-Geschichte, die so unscheinbar beginnt, dass man sie fast übersieht – und doch bleibt sie hängen.
Heute war so einer.
Ich stand gerade vor dem Gebäude, gedanklich schon halb im Feierabendmodus, halb in der Frage, ob mein linkes oder mein rechtes Gehirn heute früher schlafen gehen möchte. Und während ich so dastehe, höre ich aus einiger Entfernung ein kleines Kinderstimmchen sagen:
„Da ist er, Mama! Da ist er, der Mann!“
Ich gefriere innerlich.
Der Mann?
Ich?
In Millisekunden durchscanne ich mein Gewissen.
Habe ich jemanden gerammt?
Nein.
Habe ich jemanden vorgeschubst?
Auch nicht.
Habe ich versehentlich zu freundlich geschaut? Möglich.
Heutzutage weiß man nie.
Die Schritte werden näher.
Ich stelle mich innerlich auf alles ein.
Vom Zeigefinger der Empörung bis zur Anklage: „Der hat meinen Lolli angeschaut!“
Doch dann…
Plötzlich steht vor mir ein kleines Mädchen – vielleicht sechs Jahre alt – Zöpfe, Backen wie frisch aus dem Keksregal, und in der Hand: ein AirPod.
Sie streckt ihn mir entgegen, als würde sie mir den Heiligen Gral überreichen.
„Der gehört Ihnen“, sagt sie mit der Ernsthaftigkeit einer Botschafterin der Vereinten Nationen.
Ihre Mutter nickt hinter ihr.
„Sie hat ihn vor dem Lift gefunden. Sie hat gesagt: 'Mama, das ist so ein Ohr-Ding! Das brauchen Leute! Ohne das können die nicht leben!'“
Ich muss lachen.
Die Logik ist bestechend.
Und irgendwie hat sie recht.
„Vielen Dank“, sage ich – ein bisschen zu ehrfürchtig, als hätte ich gerade eine Reliquie zurückbekommen.
Ich nehme den AirPod entgegen, und das Mädchen betrachtet mich, als hätte sie soeben die Welt gerettet. Vielleicht hat sie das ja auch.
Ich sage: „Du bist mein heutiger Held.“
Sie antwortet: „Ich weiß.“
Selbstbewusstsein Level: Wolkenhöhe.
Die Mutter lächelt entschuldigend, aber gleichzeitig stolz, und wischt dem Mädchen eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Sie wollte ihn unbedingt persönlich übergeben. Sie meinte, das gehört sich so.“
Und ich finde: Ja. Es gehört sich so.
Manchmal sind es die kleinsten Gegenstände, die größte Geschichten auslösen.
Ein AirPod, ein Kind, ein Moment.
Ich sag, wie’s ist:
So angefangen hat mein Tag definitiv nicht – aber so darf er gerne öfter enden. Ein bisschen Magie, ein bisschen Überraschung, und ein kleines Mädchen, das weiß, dass Menschen ihre „Ohr-Dinge“ brauchen, um im Leben klarzukommen.
Und vielleicht… hat sie auch damit recht. 😉



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