Ich bin stolz auf mich.
- Christoph

- 29. Nov.
- 2 Min. Lesezeit

Denn mein Mobiltelefon – dieses kleine, algorithmusgefütterte Biest – hat mich die letzten Tage behandelt wie einen emotional instabilen Goldfisch:
„Black Friday! Black Week! Black Month! Jetzt! Kauf! Objektive! Du brauchst das! Wirklich!“
Und gut, streng genommen brauche ich ja wirklich neue Objektive, nachdem jemand drei meiner Objektive ins frühe Fegefeuer geschickt hat. Aber das ist eine andere Geschichte – und die hebe ich mir auf, wenn ich einmal therapeutisch schreiben will.
Trotzdem: Wenn das Handy mich täglich mit Werbung zukleistert, die klingt wie die Lockrufe einer sirenenhaften Influencerin, dann werde sogar ich misstrauisch.
Doch jetzt kommt’s.
Ich glaube, der Instagram-Algorithmus hat einen geheimen Pakt mit meinem Auto geschlossen. Anders kann ich’s mir nicht erklären. Denn plötzlich – wirklich wie inszeniert – stand ich kurz vor Ladenschluss vor einem dieser Geschäfte, die alles haben, was Fotograf*innen begehren. Und das nicht mal in Wien sondern einer Kurstadt in der Nähe.
Und als wäre das nicht schon verdächtig genug… direkt vor dem Geschäft war ein Parkplatz frei.
Ein guter Parkplatz ist die Droge der erwachsenen Menschen. Und mein freier Wille hat da keine Chance mehr.
Also rein in den Laden – in der Hoffnung, dass die Verkäufer entweder inkompetent sind oder unfreundlich.
Beides hätte mir nämlich geholfen. Psychologisch.
Marketingtechnisch.
Lebenspraktisch.
Leider komplett daneben.
Die waren ausnehmend kompetent.
Und ausnehmend nett.
Das ist unfair. Das ist nicht legal. Das ist emotionaler Produktverkauf auf höchstem Niveau.
Ich habe mir alles erklären lassen.
Alles zeigen lassen.
Wir haben Pros & Cons gemeinsam abgewogen, wie ein frisch verliebtes Paar, das überlegt, ob man eine gemeinsame Wohnung nimmt.
„Nur heute minus 20 %!“
„Lichtstärke 1.4!“
„500 g leichter!“
„Extrem scharf!“
(Ich rede vom Objektiv… nur falls jemand kurz woanders war.)
Und dann stand ich da.
Zwei Minuten vor Geschäftsschließung.
Mit der moralischen Verantwortung eines Erwachsenen und dem inneren Wunsch eines Kindes vor dem Lego-Regal.
2.700 Euro weg.
Oder 2.700 Euro nicht weg.
Mehr war die Frage nicht.
Und – ich kann’s kaum glauben –
ich hab’s nicht gemacht.
Ich habe widerstanden.
Dem Algorithmus.
Meinem Auto.
Dem Parkplatz-Karma.
Der perfekten Beratung.
Und der Tatsache, dass diese Angebote ja „nur noch heute gelten“ (Marketing 1x1, Seite 3).
Und jetzt kommt der Clou:
Kurz bevor ich ging, kam der Chef.
Sympathisch.
Charmant.
Und absolut brandgefährlich.
Er sagt:
„Wir machen eine Ausnahme. Sie können bis Montag überlegen.“
Ich habe innerlich gelächelt.
Marketing erkennt Marketing.
Aber nett war’s trotzdem.
Positiv nett.
Und ich bin rausgegangen – ohne Tasche, ohne Kreditkarten-Trauma, ohne spontane Konsum-Ekstase.
Die Entscheidung ist vertagt.
Bis Montag.
Oder – seien wir ehrlich – bis der Algorithmus meinen Willen bricht.
Ich sag wie’s ist:
Wir werden sehen.



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