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- Christoph

- vor 6 Tagen
- 2 Min. Lesezeit

Es gibt in jeder Stadt diese großen, glänzenden Einkaufszentren, die so viel Luxus atmen, dass man fast mit leicht gesenktem Kopf hineingehen möchte – einfach aus Respekt vor den Quadratmetern.
Und genau in so einem war ich heute. Nicht, weil ich etwas gebraucht hätte. Ganz im Gegenteil. Ich wusste schon vor dem Betreten: Ich brauche nichts. Wirklich nichts. Und trotzdem bin ich hinein – denn manchmal fährt man nicht wegen eines Einkaufs in ein Einkaufszentrum, sondern wegen eines Gefühls.
Zwischen all den internationalen Marken, den schweren Glasfronten und den polierten Böden gibt es dort einen Stand, den ich schon länger kenne. Ein winziger Punkt in dieser gigantischen Shopping-Galaxie in der Weihnachtszeit. Fast unscheinbar, fast übersehbar. Und genau deshalb fällt er mir jedes Mal sofort ins Auge. Ein kleines Paradies aus Leder, Farben und Formen. Elegant. Hochwertig. Und auf eine fast magische Weise liebevoll zusammengestellt.
Eine Marke, die man nicht unbedingt kennen muss, aber die man, wenn man sie einmal gesehen hat, nicht mehr vergisst. So wie manche Menschen, die leise, aber eindrücklich sind.
Ich habe schon eine Geldbörse von dort. Natürlich. Und wie alle Dinge, die ich liebe, könnte ich sie – theoretisch – auch zweimal besitzen. (Dinge nicht Menschen) Das ist so eine Eigenheit von mir. Wenn mir etwas wirklich gefällt, wirklich ins Herz rutscht, dann brauche ich es doppelt. (mindestens doppelt😉) Nicht nur wegen des Nutzens. Sondern wegen der Freude. Zwei Mal Freude ist schließlich besser als einmal.
Nur bei Menschen funktioniert das nicht. Zum Glück. Alles, was einem wirklich nahe steht, ist ein Unikat. Nicht ersetzbar. Nicht verdoppelbar. Und vielleicht ist es genau das, was das Leben spannend macht. Wobei man Dinge, die nicht menschlicher Natur sind, sondern Sachen, kann man manchmal auch nicht ersetzen, wenn sie für einen emotionalen Wert haben auch wenn sie vielleicht nur einen einzigen Euro gekostet haben....aber weiter...
Der Stand ist wie ein kleiner Farbbrunnen mitten in einer Welt, die häufig in gedeckten Tönen daherkommt. Leder in warmen Erdtönen, kräftigen Blauabstufungen, einem Rot, das nicht knallt, sondern lächelt. Alles in sich abgestimmt – so als hätten sich die Produkte vor dem Öffnen des Einkaufszentrums kurz abgesprochen:
„Schaut’s gut aus?“
„Ja passt, wir leuchten harmonisch.“
Ich stand heute wieder davor. Sofort wieder dieses Gefühl von: Hier bleib ich kurz stehen, auch wenn ich nichts brauche.
Und vielleicht geht es genau darum. Um diese Orte, die man wiedererkennt – und die einen auch wiedererkennen würden, wenn sie könnten.
Es war viel los. Eine Schlange von Menschen, die allerdings alle nicht wegen mir dort waren. 😂 Gut so ud warum auch. Manchmal möchte man einfach in Ruhe still genießen, beobachten.
Marketinglogisch betrachtet wäre das übrigens perfekt: Wiederkehrender Kunde. Geringe Frequenz. Hohe Loyalität. Ein Traum.
Und falls sie meinen Namen dort nicht kennen – mein Gesicht kennen sie bestimmt. Zumindest mein „Ich schau nur“-Gesicht, das in Wahrheit sagt: „Ich liebe alles hier.“
Letztlich bin ich nicht mit einer neuen Geldbörse hinausgegangen. Keine Tasche, kein Accessoire. Nichts.
Manchmal reicht es, etwas zu mögen, ohne es gleich zu besitzen.
Und manchmal reicht es, sich an etwas zu erfreuen, einmal im Jahr, für ein paar Minuten.
Vielleicht ist das sogar die reinste Form von Genuss.
Ich sag, wie’s ist:
Heute hat mir dieser kleine Stand mehr gegeben als alles andere im Einkaufszentrum.



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