Die Zeit und ich – wir sind noch nicht ganz synchron.
- Christoph

- vor 5 Tagen
- 2 Min. Lesezeit

Ich stand heute im Stau.
Nicht so ein „Zehn-Autos-und-dann-rollt’s-wieder“-Stau,
sondern einer von der Sorte, bei dem man anfängt, das eigene Leben zu überdenken –
oder zumindest die Playlist.
Im Radio lief Sign o’ the Times – Prince, glaube ich –
und plötzlich war ich mittendrin in diesem seltsam zeitlosen Moment.
Autos still, Menschen still, Zeit still.
Nur die Gedanken liefen weiter.
Da fiel mir auf, wie oft wir über Zeit reden, als wäre sie ein Wesen.
Wie jemand, der mal zu Besuch kommt, wenn’s passt –
und manchmal einfach monatelang nicht zurückruft.
„Kommt Zeit, kommt Rat“, sagen wir.
Na super, denk ich mir. Kommt sie mit Rat oder bringt sie wieder nur Fragen mit?
„Alle Zeit der Welt haben“ – ja, klar.
Ich hab’s ausprobiert: Kaffee in Ruhe trinken, E-Mails ignorieren,
die To-Do-Liste links liegen lassen.
Plötzlich merkt man, dass die Welt gar nicht stillsteht,
nur weil man denkt, man hätte Zeit ohne Ende.
Die Tauben auf dem Platz sind unbeeindruckt,
die Ampeln wechseln trotzdem, und selbst die Sonne lässt sich nicht ewig bitten.
Und dann natürlich der Klassiker:
„Die Zeit heilt alle Wunden.“
Ja – vielleicht in der Medizin,
aber bei manchen Themen scheint sie eher Pflaster zu kleben,
die irgendwann wieder abfallen.
„Zeit ist Geld“ – mag sein.
Aber wenn das stimmt,
dann hab ich heute im Stau ganz schön in Geduld investiert.
„Alles hat seine Zeit“ –
auch das Warten, das Dranbleiben,
das Nicht-Wissen und das Wiederfinden.
Vielleicht ist Zeit einfach das, was zwischen den großen Dingen passiert.
Die Momente, die man übersieht,
weil man glaubt, sie seien nur die Einleitung zum Wichtigen.
Und dann gibt’s noch diesen Satz:
„Mit der Zeit kommt die Wahrheit ans Licht.“
Bei so Manchem braucht es eben, bis man das echte Licht erkennt.
Und manchmal merkt man,
dass das Glitzern gar kein Leuchten war –
sondern nur eine Spiegelung, weil man es selbst so sehen wollte.
Selbst die Zeit braucht manchmal Zeit,
um ehrlich zu sein.
Ich hab dann irgendwann aufgehört, auf die Uhr zu schauen,
hab die Musik lauter gedreht,
und plötzlich war der Stau nicht mehr so schlimm.
Die Autos rollten wieder an,
und irgendwie auch meine Gedanken.
Vielleicht – so dachte ich mir –
sollte ich der Zeit einfach ein bisschen mehr zutrauen.
Nicht immer fragen, wann sie kommt,
sondern ihr ab und zu einfach winken,
wenn sie gerade vorbeischlendert.
Und als ich dann endlich auf der freien Straße war,
lief im Radio irgendein anderer Song –
keine Ahnung welcher,
aber er klang nach Aufbruch.
Und das war, glaube ich, genau der richtige Moment.
Ich sag, wie’s ist:
Du kannst es auf Dinge oder Menschen beziehen.
Manches braucht mehr Zeit – Manches hatte definitiv genug Zeit.



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